Gerade die ersten Tage in Indien hatte ich sehr viel freie Zeit. (Mittlerweile nicht mehr so sehr…) Irgendwann habe ich angefangen, über viele Dinge -vor allem über mich- nachzudenken. Ich habe dann meinen Lebensfluss aus einen meiner Seminare herausgekramt und angefangen, diesen zu überarbeiten. Wie ihr seht, ist das Ergebnis ziemlich umfangreich und persönlich geworden. Mir liegt sehr viel an diesem Text und ich möchte, dass dieser mit besonders viel Respekt behandelt wird. Aber auch meine Veröffentlichung sollte mit Vorsicht genossen werden. Das war echt ein großer Schritt für mich, weil ich sonst nie so über mein Leben und meine Gefühle sprechen würde. Aber ich möchte etwas erreichen. Ich will gehört werden und damit das Gegenteil von meinem sonstigen Verhalten wagen. Und es ist ganz wichtig zu beachten, dass ich niemanden, den ich erwähne, eins auswischen möchte oder etwas Böses will.
Das Ziel dieses Textes ist nicht, Aufmerksamkeit zu erlangen oder Mitleid zu erregen. Okay vielleicht doch ein bisschen Aufmerksamkeit für ein bestimmtes Thema. Anfangs diente dieser Text eigens der Verarbeitung der Geschehnisse, was ich übrigens super empfehlen kann. Erzähl doch mal deinen Lebensfluss einer Person des Vertrauens und sprich mit ihr auch darüber. Im Anschluss ist eine Wunschrunde mit Worten für die Zukunft ganz schön. Zumindest haben wir das so im Seminar gemacht.
Aber ich will nicht allzu sehr vom Thema abkommen. Was ich mit diesem Text eigentlich zeigen möchte ist, dass ich jahrelang diese Seite meines Lebens versteckt habe. Ich habe meine Probleme für mich behalten und versucht ein anderes Leben vorzuspielen. Wahrscheinlich um niemanden mit meinen Problemen zu belasten oder weil ich nicht wollte, dass so etwas auch zu mir gehört. Oder aus Angst, dass über mich geredet werden könnte. Denn ständig wird sich über sogenannte Hilfeschreie im Internet lustig gemacht, anstatt auf sie einzugehen. (Was jetzt auch schon wieder ein sehr komplexes Thema ist und mich vom Thema abschweifen lässt.) In einer Gesellschaft, in der es vor Perfektion nur so trotzt, hatte ich Angst, Schwäche zu zeigen. Ich habe also gelogen und betrogen. Und ich bin nicht die Einzige. Ich höre immer wieder von Menschen, die schlimme Dinge, sogar noch schlimmer als ich sie erlebt habe, durchmachen müssen. Nach außen hin zeigen sie das natürlich nicht. Und ich möchte nicht sagen, dass dieser Weg falsch ist, nur dass er sehr belastend sein kann. Jeder muss selber entscheiden, was er von sich und seinem Leben preisgibt, aber ich habe für mich entschieden, diese Geschichte ehrlich zu erzählen und nicht mehr für mich zu behalten. Weil ich hoffe, anderen damit Mut machen zu können. Den Mut eigene Probleme anzuerkennen und sich Hilfe in einem für sich angepassten Maße zu suchen. Ich möchte dem Idealbild entgegentreten. Denn wenn alle nur das Beste von sich zeigen, wie sollen andere dann noch den Mut finden, ihre Schwächen oder Probleme zuzugeben? Ich möchte zeigen, dass das Leben in dem einem Moment super schön sein kann, nur um im nächsten Moment dann zum Kotzen zu sein. Und dass es gut ist, wie es ist, auch wenn man das gerade in den schweren Phasen nicht so sieht.
Ich möchte klarstellen, dass dieser Abschnitt zwar Teil meines Lebens ist, es aber viel mehr gibt, was mein Leben ausmacht. An sich hatte ich eine schöne Kindheit, was vor allem an meinen tollen Freunden und meiner Familie lag und es ist eigentlich schon schade, dass das nicht im Text berücksichtigt wird. Und ich gebe zu: Es gibt auch noch weitere Probleme, an denen ich noch zu kämpfen habe, die gerade zu aktuell sind, weswegen ich darüber nicht schreiben möchte. Es gibt schöne Momente, die ich gestern erlebt habe, heute erlebe und morgen erleben werde, die genauso zu meinem Leben gehören. Es gibt aber auch wieder Momente, die mich verzweifeln lassen. Aber ich freue mich über jede einzelne Sekunde meines Lebens, denn ich habe nur diese eine Chance und bin dankbar, dass sie mir gegeben wurde. Ich würde auch nicht sagen, dass diese Phase meines Lebens schlecht für mich war. Denn ich bin daran gewachsen. So habe ich den Umgang mit schlechten Momenten gelernt und habe feststellen müssen, wie wichtig es ist, zu reden. (Nur mich wirklich zu trauen, muss ich eben noch lernen.)
Kommen wir zu den in meinem Text erwähnten Personen. Solltet ihr euch jetzt angegriffen fühlen, weil ihr der Meinung seid, dass ich die Umstände völlig verzerrt dargestellt habe, möchte ich euch auf etwas aufmerksam machen. Es kann sein, dass ihr viele Situationen ganz anders erlebt habt als ich. Aber es geht in diesem Text eben um meine Sichtweise und wie ich in dieser Zeit gefühlt habe. Das kann voneinander abweichen, bedeutet aber nicht, dass eine der Sichtweisen falsch ist. Ihr könnt das mit einem Unfall, den zehn Zeugen mit angesehen haben, vergleichen. Von diesen zehn Zeugenberichten sind alle unterschiedlich, weil jeder Zeuge die Situation anders durchlebt hat. Haltet mir bitte auch nicht vor, dass ich nicht eher darüber gesprochen habe. Ich bin erst jetzt dazu bereit gewesen. Es gab eigentlich nur diese Kleingruppen im Seminar, mit der ich darüber sprechen konnte. Nicht meine Familie. Nicht meine Freunde. Aber jetzt kann ich es und möchte das nicht mehr vor euch verstecken. (Dort hat mich übrigens ein Mädchen auf die Idee gebracht, meinen Lebensfluss zu veröffentlichen.)
Ich hoffe der Text hat jetzt niemanden zu sehr runtergezogen oder belastet. Und falls doch, mein Kummerkasten steht für alle offen.
Ich möchte jetzt noch ein weiteres Mal an alle appellieren: Schaut auf euren Nächsten und wenn ihr merkt, dass etwas nicht stimmt, dann geht auf ihn zu, zwingt ihn aber nicht zum Reden. Denn ich glaube, so eine Person hat mir damals gefehlt. Bei mir hat es bis zu diesen einem Seminar gedauert, bis ich die Chance hatte, mich jemanden anzuvertrauen. Und an alle, die noch so einiges durchmachen müssen, seid euch bewusst, dass ihr nicht allein seid. Ach ja und seid vorsichtig, wenn ihr euren Hilferuf im Internet startet. Das kann auch ganz oft falsch verstanden werden (gerade auf sozialen Plattformen). Es liegt auch mit in der eigenen Verantwortung, sich richtige Hilfe zu suchen, wenn einem die Decke über dem Kopf zusammenbricht.
Punkt. Aus. Fertig. Das reicht fürs Erste.
