
In meinem Bewerbungsgespräch beim Bistum wurde ich unter anderem gefragt, ob ich alleine sein kann. Meine Antwort dazu lautete: Schon? …so mal zwischendurch, wenn mir alles zu viel ist oder zum Reflektieren. Aber eigentlich habe ich auch ganz gerne Menschen um mich herum.
Mittlerweile lebe ich seit ein paar Wochen alleine im Kloster und muss sagen, ich bin richtig gerne allein, aber eben ungern einsam. Aber auch ich musste erst einmal lernen, richtig alleine zu sein. Und darum soll es heute in meinem Post gehen.
Ich glaube, die meisten fürchten sich davor, allein zu sein. Denn wer allein ist, kann sich nicht mehr mit dem Leben der anderen ablenken, sondern muss sich gezwungenermaßen mit sich selbst auseinander setzen. Auf einmal werden einem Probleme bewusst, von denen man sich sonst immer mit denen der anderen abgelenkt hat. Man stellt fest, dass man wohl doch gar nicht so mit seinem Leben zufrieden ist. Doch das ist auch nur die erste Phase, die ich durchlaufen musste.
Danach folgte bei mir eine Phase, in der ich an allem, was mich so störte, gearbeitet habe. Ich habe wirklich Listen mit meinen Eigenarten erstellt und mit Hilfe von Selbsthilfe-Büchern an mir gearbeitet. Ich habe mir Maxime und Ziele gesetzt und alles auf Plakaten an meine Wand über den Schreibtisch gehangen, um es jeden Tag vor mir zu haben. Alles, was sich nicht ändern lies, das hab ich so akzeptiert. Denn das muss ich dann eben so lieben lernen.
Eine intensive Selbstreflektion hat zur Folge, dass nicht nur negative Dinge an einem auffallen. Nein, wir alle können auch ganz interessante und tolle Eigenschaften an uns selbst feststellen. Und damit ging es dann auch schon in meiner dritten Phase weiter. Auf einmal ist mir aufgefallen, dass ich gar kein so schrecklicher Mensch bin, wie ich es in meiner ersten Phase von mir dachte. Also machte ich prompt noch eine zweite Liste mit allem, wofür ich dankbar bin.
Die ganze Zeit über war ich zwar alleine, aber nicht einsam. Immer, wenn ich das Bedürfnis hatte, mich zu unterhalten, hab ich mir mein Handy geschnappt oder es kam jemand für einen Spaziergang vorbei. Die letzte Woche zum Beispiel hatte ich noch ganz oft das Bedürfnis, andere Menschen zu sehen. Doch diese Woche merke ich, dass ich die Zeit alleine auch sehr genieße und habe viel weniger Kontakt.
Was mir diese Zeit mit mir selbst doch am meisten geschenkt hat, ist Selbstsicherheit. Als ich festgestellt habe, wie gerne ich Zeit mit mir selbst verbringe, hatte ich auch viel mehr das Vertrauen darin, dass andere meine Gesellschaft auch mögen können.
Ich bin mal gespannt, wie weit ich mich in Zukunft noch entwickeln werde. Eins ist zumindest sicher, die Zeit mit mir selbst, lasse ich mir nicht wieder nehmen. Die wird jetzt ganz bewusst in meinen Alltag eingebaut.
Ach und noch etwas: Mein Lebensmotto „Alles, was du bist, darf blühen“, habe ich nun in „Alles, was ich bin, darf blühen“ geändert. Die Intention dazu und die Haltung, die diese Veränderung mit sich bringt, dürften auch ohne weitere Erklärung erschließbar sein.
Und demnächst setze ich mich auch wirklich noch einmal an ein paar Reiseberichte aus Indien…
