Für meine Schwester

Ich bin jetzt über einen Monat in Indien und habe dir noch immer nicht diesen Text gegeben, obwohl ich ihn vor meiner Ausreise geschrieben habe, weil er sich nie fertig angefühlt hat. Aber vllt soll er ja auch nicht in sich abgeschlossen sein, denn die Zukunft steht ja auch noch offen. Und vllt fehlt als Ende ja meine Rückkehr zu dir.

Tut mir leid. Ich weiß, dass du es nicht magst, wenn ich Bilder von dir poste und du würdest es auch nicht so sehr wollen, wenn ich den Text von dir hier poste. Aber ich bin so stolz auf dieses Bild und auf dich. Das kann ich der Welt doch nicht vorenthalten. Außerdem ist meine Leserschaft nur begrenzt.

Es gibt noch so viel zu sagen,
ich bleib meistens still.
Dabei habe ich Angst,
dass ich zu spät bin.
Die Zeit, sie rennt
und ich? Ich komme nicht hinterher.
Ich will den Moment nicht verpassen,
doch warte trotzdem weiter ab.

Da stehe ich nun,
die Sachen schon gepackt.
Dich würde ich gern mitnehmen.
Zu egoistisch bin ich,
um auf dich zu verzichten.
Es ist so weit,
ich muss jetzt gehen.
Doch nicht weg von dir,
sondern hin zu etwas Neuem.
Und trotzdem
hab ich Angst
dich zu verlieren.

Und liege ich im Bett,
reise ich mit der Zeit.
Zurück in die Momente,
in denen du mich noch Kleinscheißi nanntes.
Ja, so hast du mich immer genannt.
Wie sehr wir uns doch verändert haben.
Doch jede Veränderung hat uns ein Stück näher gebracht.

Und auch wenn wir uns
dieses Jahr nur durch
den kleinen Smartphone-Bildschirm sehen können,
soll es uns nicht auseinander bringen.
Denn auch wenn ich
am anderen Ende der Welt bin,
bist du in meinem Herzen bei mir. 

Innere Schönheit

Sie war schön. So schön, dass die Menschen ihre bloße Ausstrahlung spüren konnten, wenn sie einen Raum betrat. Doch sie war nicht auf die gleiche Weise schön, wie die Mädchen in den Glanzpapier-Magazinen. Diese waren meist so schön wie ein Lagerfeuer: Vom weiten zu bewundern, aber zu gefährlich zu berühren. Nein, ihre Schönheit war nicht temporär und lag auch nicht im Auge des Betrachters. Ihre Schönheit kam von innen. Sie lag in der Art und Weise wie sie dachte, wie sie handelte. Sie war diejenige, die sich um andere sorgte. Sie konnte andere Lieben ohne zu zögern, denn sie hatte keine Vorurteile. Sie scheute sich nicht vor deren Gefühle, waren sie noch so tief. Sie verlor nie die Hoffnung für die Sehnsüchte der anderen, waren sie noch so aussichtslos. Denn sie glaubte an das Gute dieser Erde und somit auch an die anderen Menschen. Sie gab anderen das Gefühl, gesehen und gehört zu werden. In einer Welt, in der es zu viele Menschen gab, die unachtsam und selbstsüchtig waren, war sie ungebunden und konnte vertrauen. Sie lebte nicht nur für sich selbst, sondern auch für die anderen. Sie hatte die Kraft, freundlich zu sein, auch wenn man ihr gegenüber nicht immer dazu neigte.

Sie war schön, wenn sie über etwas sprach, was sie liebte und ihre Augen anfingen, zu funkeln. Wenn sie lächelte, dann war ihr Lächeln aufrichtig und sie war schön in der Art, wie sie anderen dieses Lächeln auch auf die Lippen zaubern konnte. Sie konnte sich an den kleinen Dingen erfreuen und brauchte damit  nicht viel, um glücklich zu sein. Und dieses Glück konnte sie teilen. Sie konnte es teilen und es wurde nicht weniger. Ganz im Gegenteil, je mehr sie ihre Freude teilte, desto mehr hatte sie davon, desto mehr konnte sie Freude verschenken. Sie war schön aufgrund ihrer Individualität. Sie war schön, weil sie nicht fehlerfrei war und damit echt. Sie war einfach sie selbst und sie wusste, dass das genug war.

Sie war schön, weil sie nicht versuchte, die hübscheste Person im Raum zu sein. Sie wusste, dass sie nicht mit einem Gesicht gesegnet wurde, welches hundert Schiffe in Bewegung setzen konnte. Ihr Aussehen war nicht betörend, aber das war ihr egal. Sie war schön, weil ihre Seele unter allen anderen die schönste war, obwohl sie es nicht darauf anlegte. An ihrem Aussehen konnte sie nicht großartig viel ändern. Doch ihr Herz konnte sie kontrollieren. Dadurch, dass sie immer versucht hat, gut zu den andere zu sein und auch sich selbst nicht vernachlässigt hat, bekam sie eine Seele aus Gold, die strahlte und damit alle um sie herum zu Leuchten brachte. Außerdem wurde ihr Handeln zur Gewohnheit und später zu einem Teil von ihr, der ihre Persönlichkeit ausmachte. Nun lag es in ihrer Natur, gut zu sein.

Innere Schönheit ist die Art und Weise wie du dich selbst siehst, wie du andere behandelst, wie du liebst und lebst. Innere Schönheit ist Selbstakzeptanz und die Akzeptanz anderer. Schön ist deine Seele. Diese Schönheit liegt nicht im Auge des Betrachters.

Die Idee für den Text ist mir spontan beim Lesen von „The Beautiful and Damned“ von F. Scott Fitzgerald gekommen und Holger die Waldfee ich liebe stellenweise seinen Umgang mit Worten so sehr. Der Kreative Ursprung für manche Sätze aus meinem Text liegt also nicht bei mir selbst, ich habe jedoch nichts kopiert oder zumindest nicht bewusst.

Treibgut

Wie das Meer
tief, weit, dunkel,
unberechenbar
Wellen
treiben auf das Meer zu,
ziehen sich zurück
mit der Strömung
niemals Stillstand

So viel
Schönes, Buntes, Kaputtes
Hässliches
treibt in diesem Meer.
Bewegt durch die Wellen,
gespült an den Strand,
liegen gelassen, zurückgesogen

Verborgen am Meeresgrund
für das Meer unerreichbar
liegen Dinge
vergraben in Angst.
Verborgener Schrecken
rottet vor sich hin wie ein altes Wrack.
Einige Wellen
höher als andere
mit so einer Wucht
graben danach.

An die Oberfläche gezogen,
von besonders starken Wellen weitergetragen,
an den Strand geschleudert.
So weit, dass keine andere Welle
sie mehr erreichen kann,
werden sie zu Spuren im Sand,
die nur noch daran erinnern.