Nach dem Seminar sind die drei anderen Freiwilligen unserer Organisation mit zu unserer Stelle gefahren, um das Pongal-Fest mit uns gemeinsam zu feiern.

Pongal lässt sich mit dem in Deutschland bekannten Ernte-Dank-Fest vergleichen und wird in ganz Tamil Nadu gefeiert.
Am Montag war zwar offiziell noch kein Pongal, aber bei uns in der Schule wurde trotzdem das Fest gefeiert. Jeder durfte seine „normale“ Kleidung tragen. Sprich die Kinder durften die Schuluniform weglassen und die Lehrer mussten nicht den Montagssari anziehen, sondern konnten frei wählen. Auch die Haare durften offen getragen werden. Nur die zwölfte Klasse hat sich freiwillig dazu entschieden, die Uniform zu tragen, da sie später am Tag noch Exams schreiben mussten. Fast alle Mädchen haben sich sehr viel Mühe mit Ihrem Aussehen gegeben und auch ich wurde beim Betreten des Schulhofes gleich von ein paar Mädchen entführt und geschmückt. Neben einem Sticker auf die Stirn gab es noch welche in die Haare mit gaaaanz viel Glitzer. Natürlich durfte die Blumen im Haar auch nicht fehlen.
Nachdem ich für die Feierlichkeiten auch genügend geschmückt wurde, habe ich fasziniert den Mädchen dabei zugeschaut, wie sie Blumenmandalas auf den Boden gestreut haben. Als die Bilder fertig waren, wurden Steine darauf platziert, um darauf die Kessel zu platzieren. (Das hat mir ein wenig das Herz gebrochen, da dadurch die Bilder auf dem Boden zum Teil zerstört wurden.) Über die Kessel wurden dann drei Zuckerrohrstanden zu einer Pyramide gebunden.
An den Kochstellen wurde dann Pongal zubereitet. Zuerst muss dafür Wasser und Milch in zum Kochen gebracht werden. Sobald die Flüssigkeit heiß genug ist, wird aufgeweichter Reis und aufgeweichte Linsen hinzugegeben. Dazu kommen Jaggery (Rohrzucker), Ghee (Butterschmalz), Kardamom, ein paar andere Gewürze und später noch Cashew-Nüsse und Trockenfrüchte. Nicht die gesündeste Mahlzeit, weswegen es gut ist, dass es sie nicht so oft gibt. Denn ich stehe sowas von auf Pongal. Das schmeckt fast so wie Milchreis, nur viel exotischer.

Wenn das Milch-Wasser-Gemisch anfängt zu kochen, gibt es noch eine ganz witzige Tradition. Die Frauen schreien dann nämlich so lange, bis es überkocht. Dazu hat es eine bestimmte Bedeutung, in welche Richtung die Flüssigkeit überläuft. Am besten ist es, wenn es in Richtung Osten fließt. Denn im Osten geht die Sonne auf und man wendet sich dann im neuen Jahr der Sonne zu. Die anderen Richtungen sind aber auch in Ordnung. Außer der Süden wird bei manchen nicht so gerne gesehen, da dort die Menschen angeblich nach dem Tod hinkommen und man sich so in diese Richtung für das neue Jahr orientiert. Da streiten sich aber auch die Geister und jeder hat mir etwas anderes erzählt.

das ist übrigens Jaggery 

Während alle darauf gewartet haben, dass das (keine Ahnung, ob ich den richtigen Artikel verwende) Pongal fertig gekocht wird, haben die Schüler ein kleines Programm mit Tanz und Gesang zur Unterhaltung vorbereitet. Außerdem gab es für die Jungs noch ein Spiel mit dem Namen Uriyadi. „Uri“ bedeutet so viel wie Topf und „adi“ schlagen. Zwischen Gebäude und Bäumen wurde ein Topf gefüllt mit Wasser und Blüten aufgehängt und die Jungs mussten mit einem Schlagstock versuchen, diesen zu zerstören. Vorher bekamen sie ihre Augen verbunden und wurden im Kreis gedreht. Unter anderem haben auch die drei männlichen Freiwilligen leider erfolglos ihr Glück probiert.

Als das Pongal fertig servierfertig war, wurden Teller verteilt und jeder bekam eine dicke Portion davon. Nach dem Aufräumen wurden dann noch die Zuckerrohre klein geschnitten und verteilt. Wir haben dann auch wie die Nagetiere immer ein Stück abgebissen, den Saft rausgekaut und die Holzfasern ausgespuckt.

Der Tag darauf war dann der eigentliche erste Feiertag von Pongal. Genannt wird er Bogi. Die Inder müssen an diesem Tag das komplette Haus reinigen und ihren Müll verbrennen. Außerdem beten Hindus an diesem Tag Lord Indra an (Ich verzichte in diesem Kontext auf eine Erläuterung). Wir haben unseren Tag jedoch in Madurai verbracht, waren in diversen Geschäften unterwegs, sind zum Tempelbasar und im Anschluss in den Tempel gegangen. Dort hatten wir dann das erste Mal richtige Probleme wegen Lukas‘ Pumpe, aber nach ungefähr 30 Minuten Wartezeit und zahlreichen Telefonaten, durften wir auch in den Tempel.
Der zweite Feiertag ist dann Pongal. An dem Tag wird von den Hindus Lord Surya (der Sonnengott) angebetet und man dankt ihn für die Ernte. Mit den frisch geernteten Reis, Linsen, Rohrzucker, Ingwer, Kurkuma uns so weiter wird dann Pongal gekocht. Wir waren an diesem Tag bei Kamatchi eingeladen. Und ich muss sagen, das Pongal, welches es dort zu schnabulieren gab, war mit Abstand das Köstlichste von allen, die ich die letzten Tage über bekommen habe.
Weiter geht es mit dem dritten Tag im Bunde: Maattu Pongal. Dieser Tag ist für die Tiere gedacht. Es gibt ein Spiel mit dem Namen Jallikattum, welches von jungen Männern an diesem Tag gespielt wird. Dabei muss „Mann“ versuchen einen wütenden Bullen zu beruhigen. Am Hals befindet sich ein Sack mit Geld und wenn der Bulle ruhig genug ist, kann dieser abgenommen werden. Früher kam noch dazu, dass ein Mann dieses Spiel gewinnen musste, bevor er ein Mädchen im Dorf heiraten durfte.
Dazu gibt es auch eine ganz kurze und spannende Geschichte zu. Und Zwar hat Lord Shiva den Bulen Nandhi zu den Arbeitern auf dem Feld geschickt, um ihnen auszurichten, dass sie jeden Tag in Öl baden sollen und einmal im Monat etwas essen sollten. Doch der Bulle hat den Inhalt vertauscht und erzählte den Arbeitern, dass sie jeden Tag essen und nur im Monat ein Ölbad nehmen sollten. Als Strafe musste der Bulle seit dem Tag mit auf den Feldern arbeiten und deswegen werden auch immer noch Bullen in der Landwirtschaft genutzt.
Wir haben diesen Tag mit den Arbeitern bei uns im Haus gefeiert. Die Tiere wurden mit Farbe bemalt und mit Blumen geschmückt. Während die Kühe sich absolut darüber gefreut haben und sich genüsslich gegenseitig über ihre Blumen hergemacht haben, saß manch ein Hund nur noch bedröppelt vor sich hin. Die Schweine zeigten bis es Fressen gab keinerlei Reaktion. Auch für die Tiere sollte es Pongal geben und nach einem kurzen Gottesdienst wurde das Essen unter ihnen verteilt. Auch an diesem Tag sollte es für uns wieder Zuckerrohr geben.

Später sind wir mit einem der Fathers ins Dorf nebenan gegangen, um uns dort die Spiele anzuschauen. Das war definitiv einer der Highlights, die ich hier in Indien erleben durfte. Sobald ein paar der Mädchen aus der Schule mich erspähten, wurde ich auch schon an die Hand genommen und von ihnen in die Menge gezogen. Mir nichts, dir nichts waren wir drei deutschen Mädchen auch schon die nächsten, die beim Tauziehen antreten sollten. Unter teilweise unfairen Bedingungen, haben wir das Spiel gewonnen und haben einen Silberteller als Trophäe überreicht bekommen. Und Schwupps wurde ich wieder in die Menge gezogen. Nun ging es darum, sämtlichen Müttern und kleinen Geschwistern vorgestellt zu werden. Ich hatte teilweise so viele Mädchen an der Hand, dass jede einen meiner Finger umklammert hatte. Als ich dann soweit durch war und von fast jedem einmal begrüßt wurde, durfte ich weiter bei den Spielen zuschauen. Da sollten Männer drei Steine hochstemmen und über ihre Schulter werfen (hat mich irgendwie an Wickie und die starken Männer erinnert). Doch nach dem Spiel wurde es auch schon zu dunkel und wir mussten zurück. Aber ich bin froh, dass ich überhaupt abends raus durfte und auch so nah an die Leute aus dem Dorf kommen konnte. Die haben einen schon für die bloße Anwesenheit so viel Freude und Dankbarkeit entgegengebracht. Das bekomme ich anders wahrscheinlich nicht noch einmal in dieser Form zu spüren.
Der letzte und vierte Tag ist Kannum Pongal. Da sollen die Menschen die Alten besuchen gehen, um von ihnen einen Segen zu erhalten. Außerdem wird der Reis eingefärbt und in kleinen Schalen auf di Terrasse gestellt, damit die Vögel ihn fressen können.
Das ist soweit alles, was ich von Pongal mitgenommen habe. Ich muss sagen, dieses Erntedankfest finde ich fast schöner als das, was wir in Deutschland feiern. Eben weil ich die Aufteilung in verschiedenen Tage und für was man alles dankbar ist total schön finde. Außerdem ist Pongal für mich zu einem Lieblingsgericht geworden. Hoffentlich schaffe ich es, diesen Gaumenschmaus auch in Deutschland nach zu kochen. Jetzt im Moment laufen bei uns die Vorbereitungen für den Annual Day und den Pallotti Day.

























