goodbye Kathi, goodbye Haare

Eigentlich ist es jetzt schon zwei Wochen her, dass Kathi das Pillar verlassen hat. Aber ich habe trotzdem noch ein paar Bilder und Erlebnisse, die wir mit ihr gemacht haben, die ich mit Euch teilen wollte.

Zwischendurch hatte Ela ein kleines Problem. Ihr Kopf juckte. Als sie dann auch noch eine Laus entdeckte, musste gehandelt werden. Zum Glück haben die ehemaligen Freiwilligen Laus-Shampoo zurückgelassen. Ich habe also ihr Haare damit eingeschmiert und regelmäßig die Läuse und Niesten rausgekämmt. Leider mussten ich ihre Dreads abschneiden und auch die Längen ihrer Haare mussten dran glauben. Um sie wieder aufzuheitern, habe ich ihr versprochen, dass wir zum Friseur in der Mall fahren können, sobald ich keine Läuse und Niesten mehr beim Kämmen finden kann.

Dabei ist mir klar geworden, wie schnell es gerade im Kindergarten passieren kann, dass man sich Läuse einfängt. Und da ich gesehen habe, was für eine Arbeit das schon bei Elas Haarlänge war, hatte ich bei meinen langen, dicken Haaren so gar keine Lust, die Prozedur mitmachen zu müssen. Außerdem wollte ich meine Haare unbedingt spenden, wenn ich sie mir mal abschneide. Das ist allerdings nur möglich, wenn man gesundes und sauberes Haar hat. Ich war also am überlegen, meine Haare einfach mit abzuschneiden. Im Internet habe ich dann eine deutsche Organisation gefunden, bei der man seine Haare nicht einfach nur spenden kann, sondern bei der ab einer Länge von dreißig Zentimetern die Haare in ihrem Wert bemessen werden. Es wird also geschaut, wie lang, wie schwer der Zopf ist und ich glaube die Farbe und Struktur spielen auch noch eine Rolle (da bin ich mir allerdings nicht sicher). Der Geldbetrag, der nach der Wertschätzung zusammenkommt, wird dann an eine Krebsorganisation gespendet. Nachdem ich Kathi davon erzählt habe, war sie so begeistert davon, dass sie gleich mitmachen wollte und bereit dazu war, meine Haare mit nach Deutschland zu nehmen und in meinem Namen zu spenden. Damit wurde mir die Entscheidung also abgenommen. Am nächsten Morgen hat Ela dann auch schon meine Haare zu einem Zopf geflochten und abgeschnitten.

Gleich darauf sind wir dann in die Mall gefahren und ich saß beim Friseur auf dem Stuhl. Ich weiß nicht warum das Schicksal schon wieder so gütig zu mir war, aber ich hatte anders als die anderen beiden nicht ganz so viel Glück bei der Wahl meines Friseurs. Ohne Witz. Der junge Mann hat für meine Haare genauso lange gebraucht wie der andere Friseur für Elas und Kathis gebraucht hat. Außerdem hat er mich nicht verstanden und anstatt noch einmal nachzufragen, hat er sich nichts anmerken lassen und einfach fröhlich drauf losgeschnitten. Ich habe mehr als deutlich gesagt, dass ich nicht noch mehr an Länge verlieren möchte und auch keine Stufen haben möchte, da meine Haare so kraus sind. Er hat meine Haare jedoch so kurz geschnitten, dass ich sie noch nicht einmal mehr zusammenbinden kann und sie stehen ab, weil er Stufen reingeschnitten hat. Dann hat er sie geglättet, obwohl ich die ganze Zeit gesagt habe, dass ich sie nicht glatt haben möchte. Zum Schluss hat er mir noch gesagt, dass er was anderes erwartet hätte und er nicht mit dem Ergebnis zufrieden sei. Aber ich könnte mir meine Haare jeden Tag glätten, dann sehe das gar nicht so schlecht aus. (Jeder deutsche Friseur hätte spätestens jetzt seinen Job verloren.) Und da wurde es mir zu viel und ich hab einfach angefangen zu weinen. Und nein, ich habe nicht geheult, weil ich meine Haare, die fünf Jahre gebraucht haben, um so lang zu wachsen, abgeschnitten habe. Ich habe meine Tränen vergossen, weil ich so sauer war, dass er mir im Prinzip gesagt hat, dass er es verkackt hat und sich noch nicht einmal dafür entschuldigt hat. (Aber das haben viele indische Männer sowieso nicht so drauf…) Wenigstens habe ich nur um die dreizehn Euro für einen Schnitt, der mich in Deutschland schon an die hundert Euro gekostet hätte, gezahlt. Es ist auch kein schlechter Schnitt, nur eben überhaupt nicht das, was ich wollte.

Mittlerweile habe ich mich mit dem Schnitt angefreundet. Trotzdem freue ich mich schon auf den Moment, in dem die Stufen soweit rausgewachsen sind, dass ich alles auf eine Länge schneiden lassen kann und meine Haare wieder im Zopf tragen kann. Diesmal aber bei jemand anderes. An sich ist es auch super entspannt, weil ich keine Tonne Haare mehr mit mir herumschleppen muss und das Duschen schneller geht. Doch die indischen Frauen fanden das überhaupt nicht witzig, dass ich mir meine Haare abgeschnitten habe. Hier stehen lange Haare für Wohlstand und es ist egal, wie kaputt und dünn die unten aussehen. Hauptsache, die sind lang. Doch irgendwie hat dieser Umstand in mir (nach einer kurzen Depriphase, weil mir zu oft gesagt wurde, dass meine Haare nun nicht mehr schön sind)nur Trotz erweckt und ich wollte erstrecht dem Idealbild entgegenspringen.

Das darauf folgende Wochenende haben wir dann zusammen mit Sneeha (eine der Küchenhilfen), Lakshmi (unser Empfangsmädchen) und ihrem Verlobten einen Ausflug gemacht. Zuerst ging es zum Thirumalai Nayakar Mahal der Überrest eines Palastes in Madurai. Im Anschluss haben wir uns noch einmal den Menakshi Tempel angeschaut und waren in dem dazugehörigen Museum.

Am nächsten Tag waren wir bei der Familie von Lakshmis Verlobten zum Essen eingeladen. Auf dem Weg dahin mussten wir einem kleinen Welpen noch unsere Liebe und Zuneigung schenken, was auf die Menschen hier eher befremdlich wirkt. Beim Essen ist ganz witzig zu beobachten, dass meistens immer das Essen um Lukas herum positioniert ist. Aber ist ja auch am logischsten, da er meistens am meisten und mit der größten Begeisterung isst. Vor dem Essen haben wir uns ein Video einer indischen Hochzeit angeschaut, was eigentlich ganz interessant war. Eigentlich unterscheidet sich die Zeremonie auch gar nicht so sehr von der in Deutschland, außer dass das Brautpaar meines Erachtens im Anschluss definitiv zu oft von Gästen gefüttert wird. Mich hätte noch interessiert, wie im Anschluss weitergefeiert wird, doch das war auf dem Video leider nicht mehr zu sehen.

Das Wochenende darauf war dann auch schon Kathis letztes Wochenende in Madurai und wir haben am Samstag im TV-Raum ihren Abschluss gefeiert. Am Sonntag ging es für sie dann mit dem Bus weiter, da sie noch vor der Rückkehr nach Deutschland ein paar weitere Orte in Indien sehen wollte.

Da sie meine Haare und ihre Haare bei der Organisation spenden wollte, musste sie ja die Zöpfe mit sich herumschleppen. Wir haben dann Witze darüber gemacht, wie ihr Backpack am Flughafen kontrolliert wird und die Beamten sie für eine Mörderin halten könnten, die die Haare als Trophäe mit sich herum schleppt.

Ich danke dir, Kathi, auf jeden Fall dafür, dass du meine Haare trotz dessen mit nach Deutschland genommen hast und für die schöne Zeit mit dir hier im Pillar. Du bist ein wenig der ältere-Schwester-Ersatz gewesen und trotzdem warst du dir für keine Aktion zu schade oder zu alt.  

let’s get raped!!

Back to the hospital

Da ich nun schon wieder ins Krankenhaus musste, dachte ich, wird es langsam Zeit, darüber zu berichten. Alles fing damit an, dass auf meiner Stirn und später auf meiner Hüfte zwei Beulen gewachsen sind und höllische Schmerzen verursacht haben. Ich bin dann Freitagnacht noch mit einem der Fathers zur Notaufnahme gefahren, damit ich was gegen die Schmerzen bekommen kann. Die Ärzte dort waren nicht so über meinen Besuch begeistert und haben mit dem gleichen Eifer meine Wunden untersucht. Mir wurde gesagt, dass es sich dabei nur um Hitzebeulen handel und ich solle mehr Wasser trinken und vorsichtig mit der Sonne sein. Die Schmerzmittel, die ich bekommen habe, wirkten nicht und ich bin am nächsten Morgen mit einer Schwellung in der Größe eines halben Tennisballes (und an dieser Stelle übertreibe ich wirklich nicht, will aber auch nicht die Bilder davon posten, weil die echt ekelig sind) auf meiner Stirn aufgewacht. Deswegen habe ich noch einmal einem Arzt aus Deutschland die Bilder geschickt und mir wurde gesagt, es sei ein Abszess. Am Sonntag nach dem Gottesdienst war ich zum Frühstück bei den Schwestern eingeladen und zufällig war dort eine Schwester aus Italien zu besuch, die früher Krankenschwestern an der Hochschule ausgebildet hat. Sie hat sich meine Wunden angeschaut und  musste den Eiter an der Wunde an meiner Hüfte herausdrücken, weil sie der Meinung war, dass diese ein Abszess im Endstadium sei. An meiner Stirn hatte sich die Wunde schon vorher von alleine geöffnet und sie hat sie nur gesäubert. Ich hab mich gefühlt, als würde ich ein Kind aus dieser Wunde gebären… Es tat auf jeden Fall sehr weh, aber danach ließ der Druck wenigstens nach.

Am nächsten Morgen bin ich aufgewacht und konnte meine Augen nur noch schwer öffnen, weil die Schwellung an meiner Stirn nach unten gerutscht ist und auf meine Augen gedrückt hat. Ich bin also wieder ins Krankenhaus und dort wurde sich auch meine Wunde am Bein angeschaut, die wieder angefangen hatte zu eitern und es musste noch ein Facharzt geholt werden, der sich das anschauen sollte. In der Zeit, in der wir auf ihn warten sollten, waren wir Pizza essen und es war die erste Pizza in Indien, die man essen konnte (Zwar nicht so geil wie in Deutschland, aber schon gut).

Danach wurde sich die Wunde noch einmal vom Facharzt angeschaut und es war ziemlich schnell klar, dass die Wunde aufgeschnitten werden musste. Ich hatte solche Schmerzen und hab wohlgemerkt zu dem Zeitpunkt seit Mittwoch nicht mehr richtig geschlafen und war mit meinen Nerven so am Ende, dass ich durchgängig geweint habe (Oh und ich war von meinen Hormonen beeinflusst, aber dazu später mehr). Auf jeden Fall habe ich dann eine Betäubung bekommen, an meinem Bett standen Ela und Kamatchi, die mich abgelenkt haben und dann war es auch schon wieder vorbei. Operiert wurde ich in einem großen Raum, in dem sich alle Patienten, die gerade in Behandlung waren, befunden haben. Getrennt wurden wir durch Vorhänge. Mein Bett wurde übrigens frisch bezogen, weil ich mich vorher geweigert habe, mich dort draufzulegen. Aber ich fand meinen Anspruch gerechtfertigt, da dort Flecken von der Jodlösung auf dem Überzug waren. Die Krankenschwestern waren super lieb zu mir, nachdem ich angefangen habe, ständig zu weinen, ist immer mindestens eine bei mir geblieben. Und auch jetzt als ich zur Kontrolle noch einmal da war, waren sie wieder alle um mich besorgt. (Aber ich hab dieses Mal fast gar nicht geweint.)Nach der Behandlung ist der Arzt samt seinem rollbarem Operationstisch zum nächsten Patienten aufgebrochen. Neben mir wurde ausversehen ein Vorhang zu früh geöffnet und die Frau auf der Liege neben mir war sichtbar geschockt über meinen Anblick. Danach durfte ich auch schon wieder aufstehen. Dabei gab es noch einmal ungewollt freie Sichtbahn auf mein nacktes Hinterteil, aber ich war (zum Glück) zu benebelt, um dies zu registrieren und die Schwester hat sehr souverän gehandelt und mich wieder zugedeckt.

Und da ich mich ja sowie in jedes Fettnäpfchen stürze, war klar, dass mir das passiert, was ich nun berichte. Dadurch, dass ich so viele Schmerzmittel genommen habe, hatte ich nicht die bei Frauen bekannten Unterleibschmerzen und da ich sowieso über eine halbe Woche drüber war, dachte ich, ich sei zu krank, um meine Regel zu bekommen. Aber nein, Pustekuchen. Ich, Fiona, absolutes Glückskind musste meine Tage an diesem Morgen im Krankenhaus bekommen. Aber hey, das ist ja was ganz Natürliches… Da ich nichts mit hatte, versuchte ich Kamatchi das unbeholfen zu erklären, diese musste beim Father nach Geld fragen und hat mir dann was besorgt. Allerdings ein bisschen zu spät, sodass mein Höschen schon vollkommen blutdurchtränkt war. Hinten war es von der Jodlösung total gelb und nass. Mir war das schon ein bisschen sehr unangenehm, aber Ela meinte, dass die bestimmt schon Schlimmeres gesehen hätten und viele sich bestimmt auch schon „eingeschissen“ hätten. Und so lag ich da in meinem befleckten Unterhöschen und war froh, mir wenigstens nicht in die Hose gekackt zu haben. (Manchmal fühle ich mich wie in einer Reality-Show, wenn ich so über meine peinlichen Erlebnisse nachdenke.) Ich glaube auch ganz ehrlich, nicht oft Glück im Leben zu haben. Aber ich bin ganz gut darin, das Beste aus Scheiß-Situationen zu machen.

Ich hatte dann am Dienstag –also am nächsten Tag- Geburtstag. Ich fand es gar nicht so schlimm, meinen Geburtstag nicht in der gewohnten Umgebung feiern zu können (Auch wenn ihr euch das vielleicht gerne gewünscht habt). Klar hab ich meine Lieben vermisst, aber ich sehe die Personen hier als meine Ersatzfamilie für dieses Jahr an und sie sind ein verdammt guter Ersatz.

Also zum Ablauf meines Geburtstages: Beim Frühstück wurde ich schon mit einer fetten Torte und einem tollen Geschenk überrascht. Später gab es auch noch eine kleine Feier mit den Lehrern in der Schule und abends kamen Kamatchis Töchter noch vorbei. Wir haben Spiele gespielt und im Anschluss haben wir zusammen zur Feier des Tages im TV Raum gegessen. Aufgrund der Wunden war ich in meinen Bewegungen ein bisschen eingeschränkt und musste es etwas ruhiger angehen lassen.

Er hat es dafür auf jeden Fall Krachen lassen

Happy Children’s Day

Vorletzte Woche Sonntag (dieser Post ist hochaktuell, wie ihr seht…) ist eine vierte Freiwillige bei uns in Madurai angekommen. Kathi bleibt für drei Wochen und hat ungefähr die gleichen Aufgaben wie wir.

Die Woche haben wir in der Schule den „Children’s Day“ gefeiert. Dafür haben die Lehrer für die Kinder ein Programm zu ihrer Unterhaltung erstellt. Jeder hatte etwas dazu beizutragen und musste entsprechend einen Sketch vorspielen, singen oder tanzen. Zusätzlich haben die Lehrer für jeden Schüler aus ihrer Klasse eine Karte vorbereitet, die im Unterricht persönlich übergeben wurde. Beim Children’s Day wurden noch verschiedene Preise übergeben. Lukas und ich haben zusammen getanzt, während Ela die Bühne mitgeschmückt hat und Kathi hat ganz spontan für die Kinder „Pippi Langstrumpf“ gesungen.

Ich poste das Video nicht, weil ich finde, dass wir unglaublich gut getanzt haben. Das Video zeigt einfach perfekt, wie solche Dinge in Indien ablaufen. Mühevoll haben wir für unseren Auftritt geprobt und dann hat die Technik versagt…vor allem wussten wir nie, an welcher Stelle die Musik wieder einsetzt, was aus unserem Auftritt ein wahres Abenteuer machte. Und ja die Verwirrung steht mir mal wieder mitten ins Gesicht geschrieben. Die Kinder haben uns natürlich trotzdem gefeiert, vor allem weil sie selbst nicht zu solcher Musik in der Schule tanzen dürfen. Ich fand es nur total schade, dass niemand meinen Witz mit der Marschmusik aus dem morgendlichen Assembly verstanden hat. Aber hey, ich selbst kann da immer noch heimlich drüber lachen und hab somit meinen Spaß…

Und zum Abschluss habe ich noch ein paar zuckersüße Bilder der Mädchen aus der Nähschule. Die sehen übrigens nur so unschuldig aus. In Wahrheit jedoch neigen sie dazu, Schuhe zu klauen und sonstigen Blödsinn anzustellen. Meist klemmt sich dabei immer eine die Finger und dann ist das Gejaule groß. Doch ihnen sei in dem Moment verziehen, wenn sie sich an deiner Tischkante hochziehen und mit unschuldigem Blick zu dir heraufstarren.