Happy New Year

Den Jahreswechsel haben in Varkala gefeiert. Das Angebot an öffentlichen Feiern war recht groß. Letztendlich wurden wir von einer Party direkt an den Klippen überzeugt, bei der um zwölf Himmelslaternen losgelassen werden sollten. Den kompletten Abend hatten wir ein Anhängsel dabei, da wir am Nachmittag Zeit mit einem Verkäufer verbracht haben. (Er hatte sich daraufhin unsterblich in Ela verliebt und wir wurden ihn nicht mehr los.)

Schon einmal vorab: Die Party an sich hat sich für das Geld nicht gelohnt. Die Musik war nur so semi-gut. Ich hatte mich auf die Gute-Laune-Musik gefreut, die wir die letzten Tage zu hören bekommen hatten. Stattdessen gab es zum Tanzen zu langsame Elektromusik. Die Musik wurde auch nicht besser, als Lukas und ich der Tanzfläche einen Besuch abgestattet haben. Mir ist allerdings schnell aufgefallen, dass ich das einzige weibliche Wesen auf der Tanzfläche war. Die anderen Frauen standen nur am Rand. Zuerst hatte ich Sorge, dass ich dadurch von vielen Männern angesprochen werden könnte, doch Lukas war der einzige, der von anderen angesprochen wurde. Ein Mann wollte ein Bild machen und als ich meinte, dass ich keins machen will, kam als Antwort so etwas wie: „Dich habe ich ja auch gar nicht gefragt.“  Nichtsdestotrotz haben wir viele nette Inder kennengelernt, die uns auch noch Reisetipps für unsere nächsten Reiseziele gegeben haben.

Um zwölf wurden dann ganze vier Laternen in den Himmel geschickt!!! (Feuerwerke gab es übrigens kaum) Das war dann auch der Auslöser dafür, die Party erst einmal zu verlassen. Wir sind dann runter zum Strand, was bei der Treppe und in der Dunkelheit eine abenteuerliche Angelegenheit war. Doch unten angekommen, hatte sich der Abstieg gelohnt. Am Strand haben wir eine Gruppe am Lagerfeuer erspäht und gefragt, ob wir ihnen Gesellschaft leisten können. Prompt wurden wir aufgenommen.

Die Mitglieder der Gruppe waren esoterisch angehaucht. Sie kamen teils aus der Slowakei und Großbritannien und auch noch aus anderen Ländern.  Die Meisten haben sich durch einen Scharmanen kennengelernt, den sie bei einer Reise im Amazonas getroffen haben. Umrandet von der Natur und verbunden mit der Erde haben sie Traditionen erfahren, die sie nun weiterführen wollten. Beispielsweise hat mir einer der Männer erzählt, dass er für Pflanzen singen würde, damit sie besser wachsen. Jeder von den Leuten hatte ein Talent und bestimmte Erfahrungen, die mit den anderen geteilt werden sollten. An dem besagten Abend feierten sie gemeinsam das vergangene Jahr und hießen das neue willkommen.

Gleich zu Beginn wurden wir erst einmal gesegnet. Dabei wurde mit einem in Meerwasser getränkter Strauch über unsere Haut gestreichelt, um den Ozean um seinen Segen zu bitten. Daraufhin wurde auch das Element Feuer eingebraucht, indem der Strauch erst über dem Feuer ausgeschüttelt wurde und dann der Rauch auf uns übertragen wurde. Dazu wurden noch ein paar schöne Worte gesprochen, die ich mir leider nicht merken konnte.

Danach wurden erst Mantras gesungen. Nach jedem beendeten Lied wurde „haux haux“ gerufen, was so viel wie „let the healing begin“ bedeutete. Später kamen auch noch ein paar Inder dazu und es wurden englische Songs gesungen. Die Zeit am Feuer war so besinnlich und hat für mich das Silvester zu einem ganz besonderen Erlebnis hier in Indien gemacht.

Als die Gruppe sich gegen drei Uhr morgens dann verabschiedet hat, ist Ela aufgefallen, dass ihre Schuhe fehlten. Also haben wir mit Handytaschenlampen den Strand erfolglos abgesucht. Lukas ist in der Zeit bei einer Gruppe Indern, die sich zuvor die Gesänge am Strand mit angehört hatten, gestrandet. Somit haben wir uns noch zu ihnen gesetzt. Die Männer waren super witzig und sympathisch, sodass wir bis kurz nach fünf noch bei ihnen saßen. Das lustigste war, dass wir aufgrund der Hautfarbe immer nur ihre Zähne sehen konnten. Darüber haben dann auch sie Späße gemacht und meinten, wir würden dafür strahlen.

Im Anschluss mussten wir die Treppen zu den Klippen wieder hochkraxeln, was definitiv noch anstrengender war als beim ersten Mal. Oben gut angekommen sind wir fast eine Stunde zurück zu unserem Hostel gelaufen. Unterwegs hat Lukas sich noch ein Palmenblatt gegönnt. Dieses musste er allerdings draußen lassen, denn „ein Palmenblatt kommt mir nicht mit ins Zimmer.“

Zurück im Zimmer fielen wir alle in einen komatösen Schlaf und erwachten erst gegen Nachmittag. Leider wussten wir nicht, dass an Neujahr viele Restaurants erst um 17 Uhr Essen servierten, sodass es zu einem Überlebenskampf wurde, etwas zwischen die Zähne zu bekommen. Mit doch noch vollem Magen ging es dann ein letztes Mal ins Wasser und am Abend stand das Packen der Backpacks auf dem Programm, da es am nächsten Tag für uns ans nächste Ziel ging.

Varkala

Etwas hektisch mussten wir noch an Weihnachten unsere Backpacks packen, da wir unsere Abreise um einen Tag verplant hatten. Trotz dessen schafften wir es am 27. noch pünktlich zum Bahnhof.

Viel zu früh kamen wir an unserem ersten Reiseziel Varkala an. So kam es, dass wir schon um sechs Uhr in der Früh bei unserem Hausherren vor dem Haus standen. Eigentlich wollten wir dort aufgrund der frühen Uhrzeit auf ihn warten. Doch ein zuvorkommender Gast hatte uns entdeckt und unseren Plan nicht verstanden. Er dachte, wir wüssten die Handynummer des Hausherrn nicht und hat ihn -freundlich wie er war- sofort für uns angerufen. Kurz darauf stand ein verwirrter und schlaftrunkener Mann vor uns und wusste nicht recht, was er mit uns anfangen sollte. Schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass etwas mit unserer Buchung schief gelaufen war. Demnach war für uns das gebuchte Zimmer nicht erhältlich. Zum Glück hat für uns eine nette Mitarbeiterin von Airbnb am Telefon das Problem gelöst und wir haben doch noch ein Zimmer bekommen. Allerdings mussten wir in einem unglaublich kleinen Zimmer leben und eine Person musste auf dem Boden schlafen. Doch wir sind jung und flexibel und so konnten wir damit leben.

Nach einem Nickerchen ging es auch gleich zum Strand. Das Hostel hatte eine unglaublich gute Lage, sodass wir nur wenige Minuten zu Fuß zu den Klippen brauchten. Oben befinden sich überall Restaurants und Geschäfte und Treppen führen nach unten hin zum Strand. Diese sind mit die saubersten Strände in Indien und man darf im Bikini baden gehen. Varkala ist so etwas wie ein Paradies für Hippies. In den Geschäften gibt es neben der typischen Kleidung auch den dementsprechenden Schmuck und Steine zu kaufen. Man kann Workshops im Schmuckmachen belegen oder Yogakurse belegen. Zwischendurch sieht man auch Gruppen am Strand, die dort vor sich hin meditieren. Es gibt sogar Surfunterricht. Der Ort hat etwas total Entspanntes an sich. In den zahlreichen Restaurants kann veganes, vegetarisches oder healthy food wie Smoothies, Budda- und Müsli-Bowls bestellt werden. Natürlich gibt es neben dem hippen Essen aber auch Fleisch und Fisch. Außerdem ist der Kauf von Alkohol legal. Allerdings wird das Bier in Tassen serviert und die Flasche muss unter dem Tisch versteckt werden, damit andere Leute das Bier nicht so offensichtlich sehen. (Weil es ja auch überhaupt nicht auffällig ist, wenn auf jedem dritten Tisch ne Tasse Bier steht…)

Kleidungstechnisch war man an diesem Ort sehr frei, was ich auch sofort ausgenutzt und genossen habe. Man konnte als Frau problemlos nachts alleine unterwegs sein, doch um eins machten die meisten Geschäfte zu. Das Angebot war insgesamt super schön und ich hatte für die Tage einen wirklich schönen Urlaub. Es lohnt sich also sehr, einen kleinen Abstecher dahin zu machen. Doch ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, in einer Blase zu leben. Mir tun die Menschen leid, die nur an solche Orte reisen und meinen, Indien erlebt zu haben. Da bin ich auch unglaublich dankbar, dass mir der Freiwilligendienst ermöglicht wird. Denn sonst hätte ich wahrscheinlich nie so nahe Berührungspunkte mit der indischen Kultur genießen können.

Weihnachten im Pillar

Im Moment haben wir Besuch von einem Ehepaar aus Deutschland, die gute Freunde von Fr. Emmanuel sind. Die beiden können nur spärlich Englisch und es ist immer witzig zu beobachten, wie die Kommunikation zwischen ihnen und den Indern funktioniert. Oft reden sie einfach auf Deutsch und die Fathers können sie trotzdem verstehen. Manchmal aber auch nicht und dann versuchen sie diesen Umstand zu überspielen.

Zu meinem Geburtstag habe ich von Ela und Lukas einen Lehanga geschenkt bekommen. Normalerweise wird dieser von Mädchen bis zum 17. oder 18. Lebensjahr anstatt des Saris getragen. Er besteht aus einem weiten Rock, einem Oberteil und einem Tuch, das wie ein Off-Sari getragen wird. Das bedeutet, das Tuch wird gefaltet über die Schultern getragen und vorne in den Rock gesteckt. Im Norden wird er öfter al im Süden getragen. Vor allem tragen die Frauen ihm häufig bauchfrei, was ich persönlich schöner finde. Allerdings ist der Süden in Sachen Kleidung ein bisschen konservativer angehaucht, sodass unser Schneider erst gar nicht auf unsere Wunschlänge des Oberteils eingegangen ist. Aber vielleicht werde ich mir selbst noch einmal ein anderes Oberteil zulegen oder nähen.

Auf jeden Fall haben Ela und ich am 24. zur Feier des Tages den Lehanga getragen. Das Teil ist der Wahnsinn. Ich habe mich wie eine indische Prinzessin gefühlt. (Leider ist mein Material ein bisschen kratzig. Aber ich will vielleicht selbst noch einen anderen Unterrock einnähen.)

Lukas hat ganz traditionell einen Dhoti getragen. Das ist ein Baumwollrock für Männer. Selbstverständlich mussten wir am späten Nachmittag davon erst einmal unzählige Bilder aufnehmen. Vor allem Lukas hat sich dabei sehr ins Zeug gelegt.

Um zehn war dann die Weihnachtsmesse. Zu unserem Glück hatten viele der Gäste Englisch als Muttersprache, sodass Fr. Emmanuel die Messe Zweisprachig gehalten hat. Dadurch konnten wir einen Teil verstehen. Nach dem Gottesdienst gab es einen kleinen Snack und Getränke. Zudem wurden Weihnachtslieder auf drei verschiedenen Sprachen gesungen. Die gemeinsame Zeit war sehr besinnlich und es war eine schöne Erfahrung, dass nicht nur wir von weit weg kamen, sondern auch die Inder aus den verschiedensten Ecken Indiens stammten. Jeder hatte die für seine Region typische Kleidung an und so war die Halle bunt gefüllt.

Die Bescherung fand allerdings noch nicht so richtig an diesem Abend statt, da die drei Fathers, die im Moment mit uns zusammenleben, bis spät in die Nacht verschiedene Messen halten mussten. Aber mit Kamatchi und ihren Töchtern haben wir Geschenke ausgetauscht.

Am 25. haben Ela und ich am Nachmittag Kinderpunsch zubereitet. Gleich darauf ging es auch weiter mit dem Dekorieren des Innenhofes, weil dort am Abend das Weihnachtsessen stattfinden sollte. Zusammen haben wir nicht nur die Tische dekoriert, sondern auch die Bäume mit Lichterketten behangen. Spät wie immer kamen dann die Gäste, ein paar Fathers aus der Umgebung. Neben kleinen Snacks gab es unseren Punsch und wir haben etwas über die deutschen Traditionen erzählt. Der Punsch ist im Übrigen sehr gut angekommen.

Weiter ging es dann mit dem Abendessen und nach einem nächtlichen Spaziergang gab es Kaffee und Kuchen. Nachdem die Gäste gefahren sind, haben wir die Bescherung nachgeholt und die Geschenke verteilt.

das ist die Krippe, die bei uns im Pillar steht

Jetzt gerade bin ich übrigens parallel am Packen und Aufräumen, weil es für uns morgen an die Westküste geht.